„Wind aus dem Süden“

Wind aus dem Süden – nur ein Lied für einen Menschen

Es ist lange her, dass ich ein politisches Lied geschrieben habe. Jetzt ist es einfach so passiert. Anlass für „Wind aus dem Süden“ war ein Video, das die spanische Hilfsorganisation für flüchtende Kinder und Jugendliche, die „Asociación Pro Derechos de la Infancia“, kurz Pro.De.In, ins Netz gestellt hat. Im Video sieht man, wie ein Mann, der als „Danny, 23, aus Kamerun“ identifziert wird, von spanischen Grenztruppen vom Grenzzaun herunter geprügelt wird, bis er leblos zu Boden stürzt. Ob er überlebt hat, ist unbekannt.

Einnahmen gehen an Pro.De.In

Über die in Berlin ansässige Forschungsgesellschaft Flucht & Migration, die das Video auf ihrer Website veröffentlich hat, bekam ich Kontakt mit Pro.De.In in Spanien. Mit deren Leiter José Palazon Mosla vereinbarte ich, dass die Einnahmen aus dem Verkauf der Singleveröffentlichung „Wind aus dem Süden“ bis zum Erscheinen des Albums vollständig an seine Organisation gehen.

Der Song ist über alle wichtigen Downloadplattformen zu beziehen und ist auch auf der Platte „Dünnes Eis“ (ET 2016).

Hier die Kontaktdaten der Organisation:

Asociación Pro Derechos de la Infancia, Calle Pablo Vallesca n-9, 3-D, 52001 Melilla, España. Ansprechpartner: José Palazon Osma. Hier ist ihre Website.

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Verändern politische Lieder die Welt?

So alt wie politische Lieder ist die Frage, ob es „etwas bringt“, politische Lieder zu schreiben. Ich denke, das ist eine ganz falsche Frage. Denn ich schreibe ja nicht politische Lieder, weil ich morgens aufstehe und mir sage: Heute ist Donnerstag, lass uns mal ein politisches Lied schreiben. Es geht vielmehr um die Dinge, die uns bewegen. Das kann die Liebe sein, das kann der Anblick von etwas Schönem sein. Oder eben etwas Grausames, Schreckliches, das einen tiefen Eindruck hinterlässt – und im Falle eines Liedermachers dann seinen Ausdruck findet in einem Lied, das dann notgedrungen ein politisches oder gesellschaftskritisches Lied ist. Dabei gelten natürlich die gleichen ästhetischen Gesetze wie für alle anderen Songs und Lieder. Auf die Frage, ob Lieder die Welt verändern, muss man gegenfragen, was denn die Welt ist – und das ist wohl, was man von ihr hält, wie man sie wahrnimmt. Ich denke, die Wahrnehmung, die Atmosphäre, die kann ein Lied durchaus verändern, z.B. in dem es eine Stimmung auf den Punkt bringt, ihr Ausdruck verleiht, ein diffuses Gefühl in ein konkretes Bild packt, in eine Parole. Darin liegt natürlich auch eine Gefahr. Denn Parolen sind Leinwände, auf die jeder etwas anderes projeziert. Für Liedermacher ist es daher ziemlich wichtig, ein seismographisches Gespür dafür zu entwickeln, welche Geister man gerade weckt oder welche Stimmung man bedient.

„Wind aus dem Süden“ ist in dieser Hinsicht auch eine Gratwanderung. Denn mit dem Wind meine ich den Krieg, den Terror, das Elend – das ist der Sturm, der die Menschen aus ihrer Umgebung reißt und über das Meer zu uns hertreibt, wo – bislang – nur ein Wind ankommt. Dieser Sturm hat am Ende auch etwas mit uns, unserer Wirtschaft, unserer Gesellschaft, unserer Geschichte zu tun – die Verflechtungen, über Jahrhunderte aufgebaut und zu unserem Vorteil genutzt, wirken auch heute nach, aber vielleicht anders als von vielen gewünscht. Der große Ausgleich beginnt. Dieser Verantwortung können wir uns nicht entziehen – sie ist der Wind, vor dem man sich nicht verstecken kann und den man nicht einsperren kann. So meine ich es: Wir versuchen, uns vor den negativen Auswirkungen der globalen Verstrickung zu schützen und treffen damit Menschen, die dadurch zum zweiten Mal zu Opfern werden. Nun geht es darum zu zeigen, was wir meinen zu verteidigen, wenn wir „Europa“ sagen. Das will der Liedermacher damit sagen. Ist es ein politisches Lied? Mir egal! Ich hoffe, es ist ein menschliches Lied.