Liedermacher, Songwriter, Chansonnier … Teil 1: Liedermacher

Chanson, Lied oder deutscher Song? Das Los der Liedermacher und deutschen Songwriter

In Deutschland tummeln sich wohl tausende Menschen, die Lieder schreiben und selbst öffentlich zum Besten geben. So unterschiedlich sie sind, eint sie alle ein Problem: Sie wissen meist nicht, wie sie sich nennen sollen. Liedermacher? Singer-Songwriter? Chansonnier? Liedpoet? Liederdichter? Deutschpoeten? Bei Nennung all diesen Begriffe sieht man schmerzverzerrte Gesichter, Stirnfalten, man winkt ab, manche schütteln sich. Wie gut haben es die Italiener. Bei denen heißen die Kollegen „cantautori“, singende Autoren – und das klingt nicht nur großartig, sondern macht auch was her. Bravo! Ich selbst wurde und werde auch ständig gefragt, als was ich mich sehe. Und um zu verstehen, warum das so eine Sache ist, möchte ich ein paar Hintergründe erläutern.

Warum deutsche Songs zwischendurch nicht mehr gingen

Was ist das Problem? Natürlich sind zunächst mal die Nazis schuld, die einen Großteil der deutschen Intelligenz aus Deutschland verjagt oder ermordet haben und nebenbei das Singen in Deutsch, deutsche Lieder, von denen man sich kaum noch traut, von Liedgut zu sprechen, so gründlich verdächtig gemacht haben, dass es Jahrzehnte dauerte, bis auch deutsche Liederschreibende wieder zu ihrer eigenen Sprache fanden. Deutsch war lange nur die Sprache des Männergesangsvereins, aber nicht der Jugend.

Song und politische Haltung: Liedermacher-Sein als Parteiprogramm

Das änderte sich erst mit der Protestbewegung der 60er Jahre. In Amerika wurden Singer-Songwriter berühmt; Protestsänger, deren politische Haltung künstlerisches Programm war, wie etwa Woody Guthrie, das große Vorbild von Bob Dylan, der zur Lichtgestalt des Genres wurde. Und auch in Deutschland viele inspirierte, über die hiesigen Verhältnisse in der eigenen Sprache zu singen. Diente das deutsche Chanson während der Weimarer Republik zur gerne auch kabarettistischen Unterhaltung, so tauchte der Song im Nachkriegsdeutschland als Mittel des politischen Kampfes wieder auf – und damit verbindet sich der Begriff des Liedermachers. Erfunden wurde er, laut Martin Betz, als Analogbildung zum von Bert Brecht verwendeten Begriff des Stückemachers im Theater. Beim Liedermacher klingt – auch heute noch – für viele die die Verbindung von stramm linker politischer Haltung und künstlerischen Programm nach. Das hat etwas Bellendes, Spaßbefreit-Verkniffenes, das nicht so sympathisch ist. Auch wenn der Begriff sehr schlüssig ist – man macht eben Lieder – fühlen sich viele liederschreibenden Menschen damit nicht sehr wohl. Sie scheuen, vielleicht auch zurecht, die einseitige politische Vereinnahmung und eine falsche, nicht zuerst ästhetische, Wahrnehmung ihrer Lieder.

Aber es gibt auch Zeiten, da muss man einfach sagen, was Masse ist, auch wenn man damit riskiert, nicht in die ewigen Jagdgründe der größten Dichter einzugehen. Hier mein Beitrag dazu: Wind aus dem Süden.

Liedermacher machen deutsche Lieder – basta

Gleichwohl gibt es viele berühmte und verehrte Kollegen, die mit dem Begriff in Verbindung gebracht werden, wie Reinhard Mey, Hannes Wader, Franz Josef Degenhardt, Klaus Hoffmann oder Hermann van Veen. Ich selbst habe eigentlich keine Probleme mit dem Begriff Liedermacher, denn er klingt auch nach Handwerk, nach Tischler, Maurer, Dachdecker, Korbflechter, Maler – und das mag ich. Mein Eindruck ist, dass die politische Färbung des Begriffs auch nachlässt, das ist auch eine Generationenfrage. Liedermacher machen Lieder, und damit basta.

Soviel zum Einstieg! Beim nächsten Mal gibt es ein paar Worte zum Begriff Singer-Songwriter.