„Ulis Wohnzimmer“-Premiere in der Wollfabrik Schwetzingen

Es war schön letzten Mittwoch! Jedenfalls, wenn man der Schwetzinger Zeitung glaubt, die titelte: „Feiner Humor in Melodien“.

„Ulis Wohnzimmer“ inszeniert auf der spärlich beleuchteten Bühne der Wollfabrik eine Atmosphäre, die als heimelig gelten kann. Neben dem Piano, den Mikrofonständern und zwei Gitarren gab es eine Couch, auf der ein großartiges Musiker-Trio Platz nahm und über Gott und die Welt plauderte. Und auch sang, al- lein oder gemeinsam. Gastgeber war der Songwriter und Liedermacher Uli Zehfuß, der zur Premiere in diese „wunderbare Location“, wie er sag- te, zwei Gäste aus der liederschrei- benden Szene mitgebracht hat, Freunde und Weggefährten von ganz nah und von ganz fern: aus Mannheim die 22-jährige Eva Sau- ter, aus Berlin Sebastian Krämer.

Zunächst stellte Zehfuß auf skurri- le Weise eine Verbindung zu Hallo- ween, zur Wollfabrik und zu Schwet- zingen her. An Halloween tauchen überall Monster auf, um die Men- schen zu erschrecken, erklärte er. „Doch woher kommen sie?“, fragte Zehfuß. „Aus uns. Sie sind tief in uns drin“, lautete seine Antwort. Sucht man sie, trifft man irgendwann auf Minotaurus, halb Mensch, halb Tier, und möchte gerne wieder rauskom- men. Aber wie? Man muss sich nur daran erinnern, wie man reingekom- men ist, meinte er. Dafür braucht man einen roten Faden, den man von Anfang an gesponnen hat wie Ariad- ne damals, die entlang des Fadens, den Weg durch das Labyrinth zu Mi- notaurus und zurückfand. „Dieser rote Faden“, so das Fazit des Sängers, „ist nichts anderes als die Erinnerung an den Weg, den man gegangen ist, um wieder ans Tageslicht zu kom- men. Deshalb findet diese Veranstal- tung ja in der Wollfabrik statt“.

In seinem Fall ist die Erinnerung eine landwirtschaftliche. Er sei in der Nähe eines Spargelackers aufge- wachsen, erzählte er. Damit habe er zur Begeisterung der Zuhörer auch einen Bezug zu Schwetzingen herge- stellt. In seiner Kindheit wurde das Spargelkraut mit der Sense abgeschnitten und die „Storze“ mit einer Zinken-Hacke, der „Krappe“, ausgebuddelt, das wieder der Name eine Pflanze mit rotem Farbstoff ist. So hängt alles irgendwie zusammen. Und damit diese Art von Spargelanbau dem Vergessen entrissen werde, hat er den Song „Spargelfeuer“ geschrieben. Darin beschreibt er den Weg bis zur Verbrennung des Spargelkrauts. Leise, sanfte Töne der Erinnerung schlug er auch in „Dünnes Eis“ an, der Titel, der seinem aktuellen Album den Namen lieh. Hier erzählt Zehfuß davon, wie er sich als Kind auf das „Dünne Eis“ eines Baggersees begab, auf dem jetzt auch sein Sohn Schlittschuh laufe. Zum Song „Die gleiche Nacht“ habe ihn eine Aussage des Dichters Horaz inspiriert: „Alle erwartet die eine Nacht“. Aus dem gleichen Album stammt auch „Gerne in Lu“, das eine Hommage an seine Geburtsstadt Ludwigshafen ist.

Absurdes unterhaltsam verpackt

Seinen Auftritt teilte er zunächst mit der jungen Eva Sauter, Gewinnerin des Song-Wettbewerbs der Popaka- demie, wo sie studiert. Die meiste Zeit, erzählt sie, sei sie aber mit der Band „Ok.Danke.Tschüss“ unter- wegs, wobei der Gitarrist das „Tschüss“ sehr wörtlich genommen habe, so dass sie jetzt nur noch zu viert sind. Zehfuß stellt sie vor als Songwriterin, die „wunderbar schrä- ge Lieder schreibt, poetisch, anrüh- rend, frech, ein Mix aus Pop und Rap anderen Musikstilen“. Viel Applaus bekam sie für „Vincent van Gogh“, wo sie die Kriterien der Kunst hinterfragt, für „Eva“, in dem sie Adam rät, doch „nicht in den Apfel zu beißen, son- dern auf den Kompost zu werfen“.

Ein Höhepunkt war der Auftritt Sebastian Krämers, der Lieder prä- sentierte, die harmlos begannen, aber stets ins Absurde eskalierten. Großartig, wie er sich dabei am Piano begleitete. Seine neueste Platte, „Vergnügte Elegien“, die Zehfuß vorstellte, hat er nicht im kleinen Silber- format einer CD, sondern im Format einer Doppel-LP herausgebracht. Daraus sang er „Das Gespräch mit den Krähen“, aber auch von „Puppi Duppi“ und „Flugzeuge über meinen Garten“ war das Publikum restlos begeistert. Der Abend ging weiter mit faszinierenden Liedern, die sie zu dritt darboten.

Rätselhaft wird bleiben, ob bei der Show, wo manches Rückwärts- gewandte mit feinem Humor persifliert wurde, das gemeinsam gesungene Matthias-Claudius-Lied „Der Mond ist aufgegangen“ ernst gemeint war. Dem Publikum gefiel es.“

Anmerkung zu „Der Mond ist aufgegangen“: Es ist ein schönes Lied. Es mahnt, sich selbst nicht zu wichtig zu nehmen, was wir ziemlich aktuell finden. Deshalb haben wir uns dazu entschlossen, es am Ende zusammen zu singen.